Reportage über Hanah Smith
1. März 2007, 11:33 — 2027 Klicks — vivat
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Interkultureller Austausch
Eine fremde Kultur, eine andere Sprache, neue Freunde kennen lernen und andere Horizonte entdecken. Viele junge Menschen träumen davon, ein Jahr im Ausland verbringen zu können. Für die neunzehnjährige Amerikanerin Hannah Smith ist dieser Traum in Erfüllung gegangen. Als Stipendiatin eines interkulturellen Austauschprogramms bekam sie die Möglichkeit, Deutschland für ein Jahr näher kennen zu lernen.
Ein Zug fährt in Berlin Zoo ein. Seit einer halben Stunde stehe ich auf dem Bahnsteig zwischen aufgetürmten Reisetaschen und eng aneinander gedrängten Menschen. Während sich zum dritten Mal der Prozess des Empfangens und Verabschiedens wiederholt, warte ich noch immer auf meine mir noch unbekannte Verabredung. Mich hat die Angst gepackt Hannah Smith zu verpassen. Deswegen vertreibe ich mir die Zeit, indem ich mir eine typischen Amerikanerin vorstelle. Ich will sie zielsicher aus der Menschenmenge herausfiltern können. Doch plötzlich tippt mich jemand von der Seite an. Die junge Frau mit blondem Haar und blauen Augen stellt sich als Hannah vor. Mich durchfährt es eiskalt, denn Hannah widerspricht all meinen Vorstellungen. Ich begreife, dass es eine typische Amerikanerin nicht zu geben scheint. Während sie mir in einem Café mehr über ihren Aufenthalt in der Europäischen Union erzählt, merke ich, dass nur ihr gebrochenes Deutsch sowie das für Amerikaner typische “Th” auf ihr Herkunftsland hinweist.
Wolfgang Thierse als Pate
Hannah Smith ist Stipendiaten des “Parlamentarischen Patenschafts-Programm (PPP)”, das von der Regierung der USA und der Deutschen Bundesregierung getragen wird. Durch ein Stipendium bekommen jährlich 400 Schüler zwischen 15 und 17 Jahren sowie junge Berufstätige und Auszubildende beider Länder die Chance, ein Jahr im Ausland verbringen zu können. Zudem stehen den Jugendlichen Abgeordnete der jeweiligen Parlamente symbolisch als Pate zur Seite. Hannah verriet mir: „Mein Pate ist Wolfgang Thierse.“ Dafür, dass sie ihn mir ihrer Gastfamilie nur einmal kurz zum Lunch treffen konnte, hat sie Verständnis. „Ich wünsche mir, dass wir uns noch einmal verabreden können, aber ich sehes wie beschäftigt er ist. Politiker zu sein ist eben kein leichter Job.“
Historischer Hintergrund
Beim PPP handelt sich um ein Austauschprogramm, das anlässlich des 300. Jahrestages der ersten deutschen Einwanderung in die USA gegründet wurde. Am 6. Oktober 1683 landeten erstmals dreizehn deutsche Familien mennonitischen Glaubens im Hafen von Philadelphia. Sie gründeten die Siedlung Germantown und strebten nach einen Leben mit gesicherter Glaubensfreiheit. Millionen Deutsche, unter ihnen wirtschaftlich Schwache sowie politisch und religiös Verfolgte, sind ihnen in das Land der Hoffnung gefolgt. In der “Neuen Welt” fanden die Einwanderer Arbeit, größere Entfaltungsmöglichkeiten und ein Leben in Freiheit. Mittlerweile haben 50 Millionen Amerikaner einen deutschen Hintergrund - unter ihnen Hannah Smith.
Interkultureller Austausch
Der interkulturelle Austausch steht beim Programm der beiden Parlamente im Vordergrund. In einer Zeit neuer, bislang unbekannter Herausforderungen für die transatlantische Gemeinschaft, bemühen sich die Regierungen beider Länder um positive Kontakte. So sollen die Stipendiaten als junge Botschafter ihres Landes einen dauerhaften Beitrag zu einer besseren Verständigung zwischen jungen Deutschen und Amerikanern leisten. In Gastfamilien und im unmittelbaren Kontakt mit den Mitschülern bzw. Kollegen sollen sie zudem lernen, was beide Länder gesellschaftlich, kulturell und politisch verbindet und unterscheidet. Das fördert das gegenseitige Verständnis und trägt wirkungsvoll dazu bei, die menschlichen Beziehungen zwischen den USA und Deutschland zu stärken, auszubauen und zu sichern.
Lebensgeschichten
Für eine regionale Zeitung in ihrem Heimatland, schreibt Hannah regelmäßig Erfahrungsberichte, die immer wieder beweisen wie unterschiedlich und doch gleich die beiden Kulturen sind.
Es ist für sie unverständlich, dass die Leute hierzulande nicht jeden Sonntag in die Kirche gehen. Auf die Frage, ob ihr momentan die Bibel oder das Wörterbuch wichtiger sei, antwortete sie: „Das wichtigste ist für mich die Bibel, allerdings auf deutsch.“ Durch ihre Heimat religiös gebildet wird ihr nie in Vergessenheit geraten, wie peinlich berührt sie war, als ihre Gastfamilie am Heiligabend - 24. Dezember - ihr Geschenke überreichte. Sie selbst war bis dahin noch fest in den Glauben einen Tag Zeit zu haben, um ihre Präsente zu dekorieren. Schließlich feiere man in Amerika erst am 25. Dezember den ersten Weihnachtsfeiertag. Nun stand sie mit einer unattraktiven Einkaufstüte da. Positives sah sie darin allerdings, dass es das leckere Festessen einen Tag früher als daheim gab.
„Ich lerne die amerikanischen Spezialitäten in Deutschland kennen!“ verriet mir Hannah. Sie wusste zuvor nicht, wie sehr wir die Amerikaner mit ihren Fast Food Ketten in Verbindung bringen. Überhaupt meint sie, stimme es nicht, dass die US Bürger ausschließlich auf Hot Dog, Burger, Donats, süße Limonaden und Milchshakes stehen. „Das ist vielleicht in der City so, aber grundsätzlich stehen wir auf Barbecue mit viel Mais und Chicken.“ Nach ihrer Ankunft in Deutschland, war Hannah das erste Mal seit langem in einem Mc Donalds und gleichwohl musste sie feststellen: „In Deutschland schmeckt Fast Food besser, vor allem Pizza. Überhaupt ist hier alles viel leckerer.“ Zwar vermisse sie die Erdnussbutter mit Karamell aus ihren Heimatland, aber dafür „gibt es in Deutschland wahnsinnig viel Schokolade.“ Neben den hoch gelobten Kochkünsten ihrer Gastmutter wird sie Döner vermissen. „Die sind zwar nicht deutsch, sondern türkisch, aber bei uns gibt es sie - wenn überhaupt - nur in New York.“
Final Countdown
Das Gespräch mit Hannah sowie ihr Auslandsaufenthalt neigt sich dem Ende zu. Doch auch im kommenden Jahr wird sie nicht nach Hause zu ihren sechs Geschwistern reisen. Sie will es einer ihrer Schwester gleich tun, die sich ein Jahr sozial für die Bildungsarbeit in Ägypten engagierte. Doch Hannahs Weg führt nach Afrika. Dort möchte sie sich für eine allgemeine Gesundheitspolitik einsetzen. Wie ihr Vater will sie später Arzt werden und hat sich aus diesem Grund schon einen Studienplatz an einer renommierten Universität in ihrem Heimatland gesichert. „Zukünftig will ich medizinische Hilfe dort leisten, wo sie wirklich gebraucht wird - in abgelegenen Dörfern in den Hochanden Südamerikas sowie in den ländlichen Regionen Afrikas, mit den vielen kleinen Dörfern“, spricht Hannah selbstbewusst während sie auf ihre Uhr schaut. Sie stellt fest, dass die Zeit wie im Flug vergangen ist, verabschiedet sich von mir, schnappt ihren Koffer und rennt zum Zug, um ihre Reise fortzusetzen.
Für die Schülerzeitung “VIVAT- Es lebe” der Voltaire-Gesamtschule Theresa-Sarah Köppen