Sind die Knigge-Benimmregeln noch notwendig/zeitgemäß?

25. September 2006, 11:37 — 1972 Klicks — vivat

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BENEHME DICH!! Bild: photocase.com

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“Knigge” steht heutzutage allgemein für gutes Benehmen und wird als Titel für alle möglichen Bücher verwendet, sofern diese auch nur im entferntesten Sinne etwas mit Benimm- oder Höflichkeitsregeln zu tun haben.
Allerdings wollte zumindest der “Original-Knigge”, der übrigens mit vollem Namen Adolph Freiherr von Knigge hieß, mit seinem 1788 erschienenen Buch “Über den Umgang mit Menschen” keine starren Regeln schaffen, sondern den Menschen den Umgang miteinander lediglich erleichtern.
So anachronistisch die meisten seiner Regeln inzwischen auch sein mögen, so hat er doch einige zeitlose geschaffen, die, wie sicher viele finden, immer noch Geltung haben (sollten). Als da zum Beispiel wären:
Suche niemand lächerlich zu machen!
Nimm nicht teil an fremdem Spotte!
Sei, was Du bist, immer und ganz!
oder auch:
Rede nicht zu viel und nicht langweilig!

Das klingt sicher ganz nett, aber es ist leichter gesagt als getan und ich kann mir nicht vorstellen, dass in unserer Zeit sich wirklich jemand noch die Mühe macht auch nur darüber nachzudenken, ob er wirklich immer versucht ehrlich zu sein oder sich nicht über andere lustig zu machen.

Natürlich gibt es bei Knigge neben diesen vordergründig moralischen auch konkretere Regeln, die sich genauso steif und altmodisch anhören, wie man es von Knigge eigentlich erwartet, zum Beispiel:
Strebe nach Vollkommenheit; aber nicht nach dem Scheine der Vollkommenheit!
Sei pünktlich, ordentlich, fleißig!

Dennoch wünschen sich laut einer von Moritz Freiherr von Knigge, der nicht nur Nachfahre vom “echten” Knigge ist, sondern (wie sollte es anders sein) ein Buch zu aktuellen Benimmregeln geschrieben hat, zitierten Umfrage etwa 90% der 18- bis 45jährigen, dass Höflichkeit und Anstand wieder eine wichtigere Rolle spielen sollten.
Also liegt Moritz Freiherr von Knigge mit seinem Buch “Spielregeln” im Trend, wenn er darin Höflichkeit und gutes Benehmen predigt?
Er selbst zumindest behauptet, dass er mit seinem Buch Lebensklugheit vermitteln wolle, wofür Höflichkeit eine Grundvoraussetzung sei.

Ihm zufolge sei ein höflicher Mensch aufmerksam und rücksichtsvoll und er behandle jeden Menschen mit Respekt.

Passend zum Thema Respekt habe ich eine kleine “Anekdote”, die ich selbst so erlebt habe.
Ich war mit dem Bus auf dem Weg nach Hause und saß auf dem Viererplatz hinter dem Busfahrer. Die anderen drei Sitze dieses Platzes waren ebenfalls besetzt und überall auf dem Gang standen auch Leute. Ich saß also eng gequetscht zwischen Fenster und irgendeinem Sitznachbarn mit meinem Rucksack auf dem Schoß und las ein Buch als plötzlich irgendjemand mit schnippischer Stimme: “Junge Frau!” sagte, woraufhin ich aufschaute und da eine Mittvierzigerin mit ihrer Mutter stehen sah. Als ich sie ansah, sagte sie: “Sie können ja wohl gefälligst mal aufstehen, wenn sich eine ältere Frau hinsetzen möchte!”. Dämlich und eingeschüchtert wie ich war, stand ich mit hochrotem Kopf und “Ja natürlich” stammelnd auf, damit ihre Mutter sich hinsetzten konnte.
Noch heute ist mir mein Handeln von damals ziemlich peinlich und ich frage mich, warum ich dieser unverschämten Frau nicht einfach die Meinung gesagt habe, wie sie es eigentlich verdient hätte, zumal ich sie weder gesehen hatte, noch Gedanken lesen kann und ich nicht mal die einzige jüngere dort sitzende Person war!

Mein Problem ist nicht, dass ich aufstehen sollte, sondern einfach die selbstherrliche und unverschämte Art mit der diese Frau mich dazu aufgefordert hat.
Und jetzt mal ehrlich: Mit gegenseitigem Respekt hatte das Ganze sicher nichts zu tun!

Die Frage ist also: Worauf kommt es bei gutem Benehmen wirklich an?
Den beiden Knigges zufolge ist das Wichtigste eine innere Haltung, Respekt für den Gegenüber und Verantwortung für das eigene Handeln.
Aber was wenn man selbst noch so respektvoll ist, die Mitmenschen einen aber trotzdem rücksichtslos behandeln? Das muss man sich doch nicht gefallen lassen?

Bevor ich mir unnötig den Kopf über mögliche Antworten darauf zerbreche und ich mich zu sehr verbiegen und verstellen muss um alle kniggeschen Regeln des menschlichen Miteinanders einzuhalten, orientiere ich mich doch lieber an Kants kategorischem Imperativ, der trotz seiner Einfachheit wohl am Besten den eigentlichen Kern der Sache erfasst:

“Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, das sie ein allgemeines Gesetz werde.”

Also im Klartext: Was du nicht willst, was man dir antun könnte, dass füge auch keinem anderen zu!

Autor: Susanne Feyerabend

Stichworte (Tags): Knigge, Umgang, Vivat
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